Nach der Eco-City Konferenz in Tianjin muss ich meine positiven Hoffnungen nach einer Eco-City in China die diesen Namen auch verdient, nochmal auf Eis legen. Die Konferenz war spannend, und inhaltlich auch wertvoll. Viele Kollegen aus dem akademischen Umfeld hatten klare Zahlen, Fakten und Daten ihrer Forschungen auf den Tisch gelegt. Aber Beispiele fuer eine Eco-City gab es keine.
In verschiedenen Projekten wurde die Machbarkeit diskutiert, eine ökologisch fundierte Stadt zu schaffen. Ein paar Kollegen hatten sehr deutlich und handfest die Probleme aktueller Städte aufgezeigt. Darunter das Lieblingsthema Verkehr und urbane Mobilität. Das Publikum ist sich darin auch Großteils einig – eine Konzentration auf Individualverkehr basierend auf Verbrennungsmotoren ist auf Dauer nicht haltbar. Aus den verschiedensten Gründen. energietechnisch, umwelttechnisch, städtebaulich. Hier liesse sich was tun. eMobility ist nett, hilft aber am Grundproblem nicht weiter, wenn damit batteriebetriebene PKWs gemeint sind. Elektrische Scooter oder Fahrräder aber, da schaut anders aus. Was es braucht sind städtebauliche Paradigmenwechsel und ein hoechst solides öffentliches Nahverkehrsnetz.
Also scheint es, ist es kein technisches Problem, das es zu lösen gilt, sondern der Wille muss da sein. Und der ist nicht zu sehen.
Unser Konferenzzentrum lag inmitten der Tianjin Teda Economic Area. Eine neu gebaute Stadt zwischen Tianjin und dem Meer. Hier wurde ein Central Business District (CBD) gebaut, der als ökologisches Projekt gilt. Dieser District ist beim besten Willen kein ökologisches Projekt, auch als Geschäftszentrum ist es angeblich nicht sehr erfolgreich. Das kann sich in Zukunft schon noch ändern, aber das Zentrum ist nun auch schon 10 Jahre alt, und viele Hochhäuser sehen unbenutzt und aus. Bürgersteige sind eher selten, dafür gibt es wohlbehütetes strassenbegleitendes Grün, damit sich Autofahrer und Autofahrerinnen auf den 6 bis 8 spurigen Strassen im Zentrum auch wohl fühlen.
Ein guter Ansatz wurde aber auf der Konferenz dennoch besprochen, und zwar das Prinzip des Transit oriented Developments, kurz ToD genannt. Diese Methode des Städtebau zielt darauf ab, um die Knotenpunkte öffentlicher Nahverkehrhaltestellen eine hohe urbane Dichte zu schaffen. Diese Zentren sind dann durch ein multimodales Netz öffentlicher Verkehrsmittel dann miteinander verbunden. Gute Idee. Eigentlich auch gar nicht Neues. Es ist einfach nur gesunder Menschenverstand, denke ich. Aber davon ist in diesem neuen CBD nichts zu sehen.
Ich lief einmal ein paar Stunden durch den weitgehend menschenleeren CBD um ein paar Bilder zu knipsen. Ich wurde aus der Entfernung von einem sehr modern aussehendem Gebäudekomplex angezogen. Ich sah von Weitem dass diese Gebäude eine begrünte Fassade aus Hochbeeten hatten. Beim Näherkommen stellte ich fest, dass all die Pflanzen aus Plastik waren. Wahrscheinlich weil die nicht gegossen werden müssen, und immer gut aussehen. Also hoechst ökologisch, so betrachtet…
Vor den Toren dieses alten CBDs wird ja nun mithilfe eines Projektentwicklers aus Singapur eine neue Stadt gebaut, Diesmal aber ökologisch. So heisst es. Dort soll das ToD-Prinzip angewandt werden. Die Webseite des Projektes (aus Singapur) informiert darüber. Mein Optimismus hält sich diesmal noch vorsichtig in Grenzen.
Diese Fassade, sowie die abgeschrägten Rabatten an der Fassade sind alle hoechst realistisch mit Plastikpflanzen begrünt.
Die Dachgartenanlage ist echt. Man kommt nur nicht ran.
Ich bin Unterwegs nach China in die Tianjin Binhai Economic Zone, wo ich auf der Jahreskonferenz des Chinesischen Bauministeriums eingeladen bin, einen Vortrag zu halten. Dort in Tianjin soll nun die erste wirkliche Eco-City entstehen. Ich hab Hoffnung, dass hier nun mal tatstaechlich so etwas wie eine Eco-City entstehen könnte, weil ziemlich ernsthafte Bemühungen hinter dem Projekt stehen. Und die Zentralregierung. Und ein Projektentwickler aus Singapur. Das Projekt kann also auf höchste staatliche Priorität, sowie ein solides technisches Wissen zählen.
Ich bin vom München über London geflogen, wo ich noch Zeit fuer ein kühles London Pride gefunden habe.