Chongqing Muenchen 34:4
morgens in der Ruhe vor dem Ansturm – ein kleines Filmchen im Korridor kurz vor dem Unterricht:
Hier in der kleinen Strassenküche sitz ich recht gern zum Frühstück und gucke mir das Treiben auf der Strasse an. Die Baozi (kleine, mit Fleisch gefüllte Dampfnudeln) sind ziemlich gut, dazu Maultaschensuppe und Chili. Hier kommt grad mein Essen:
Und gleich dahinter kommt die mobile Werbe-Einsatztruppe der lokalen Nachbarschaftsbeihilfe. Die Mädels verdienen sich ein bisschen Geld, indem sie sich zu Werbezwecken engagieren lassen. Sie kommen dann ganz proper in rot angetan, mit Pauken und Trommeln und machen viel Wind. Hier hatte wohl das nebenan liegende Restaurant ein wenig die Werbetrommeln für sich sprechen lassen. Die Grazien kamen mit einem Höllenzauber vorbei, was jedes Gespräch für die nächste Zeit vollkommen unmöglich machte.
Es gibt Dinge im Leben, die erstaunen mich. Die zeigen mir, dass es entgegen aller bequemen Vernunft doch noch Anarchisten gibt, die an unseren Gewohnheiten rütteln und somit Andere zum Nachdenken zwingen. Anders kann ich mir dies nicht erklären:
Ich hab gestern eine Packung Kekse gekauft. Die sind höchst ordentlich in einer Plastikdose gestapelt. Zuhause, beim Versuch einen der Kekse rauszukriegen, stelle ich fest, dass die Öffnung des Behälters kleiner ist, als der Keks. Das kann kein Zufall sein, dahinter steckt geplante Absicht! Ich finde solche Dinge beachtenswert.
Mein temporaerer Arbeitsplatz an der CQ-U, der Chongqing-University. Die Architekturfakultaet hat ganz wie es sich gehoert, ein nettes gepflegtes Plaetzchen eingerichtet. Hier gibt es drahtloses Internet, und Heissgetraenke. Durch die offene Tuer kommt Sinnenlicht, Vogelgezwitscher und eine Fruehlingsbriese rein. Ich habe in der Uni kein Bureau, und in der Wohnung noch kein Internet.
Beim Fruehstueck: ich bestellte eine Lage Teigtaschen – Yi long Baozi, die dann auch zuegig ankamen – leider kamen Kalte, wie ich der Bedienung dann sagte. Die fackelte nich‘ lang rum, legte ihre Rückhand auf mein Essen und sagte: Stimmt.
Und brachte die Baozi wieder fuer ein paar Minuten auf den Dampf.
Und damit ich mich wie Zuhause in der Dreimuehlenstrasse in Muenchen fühle, hat hier ein pfiffiger Kollege beschlossen vor meinem Fenster schnell eine Baustelle aufzumachen. In Muenchen hatte ich das vergangene halbe Jahr über eine ziemlich kleine aber hartnaeckige Baustelle genau vor der Tür. Die wurde dann kurz vor Weihnachten beendet. Es trat wieder Ruhe ein im Viertel. Nun in Chongqing fuehle ich mich also gleich wieder wie in Muenchen – es droehnt und hämmert. Einen Vorteil hat die Sache: Die Baustelle vor der Wohnung ist so laut, dass ich den Strassenlaerm von hinterm Haus kaum höre.
Nach einigen Monaten Abwesenheit komme ich wieder in meiner Wohnung in Chongqing an. Die wunderbar feucht und ausgekuehlt ist, und somit ganz hervorragend zum Wetter draussen passt. Der Winter hier ist kühl und feucht. Bis auf die Knochen.
Hier in diesen Breiten gibt es keine Heizung, das bedeutet, man behilft sich mit Klimaanlagen. Ich hatte eine erfrischend frische Nacht in meinem, seit Monaten unbenutzten Bett verbracht, eingemuffelt zwischen einer feuchten Matratze unter mir und dem tobenden Heissluftgeblaese ueber mir – was ich dann irgendwann ausschaltete. Heute Morgen habe ich mich dann erstmal so richtig warmgeputzt, um den zähen Staub wegzukriegen, der Alles bedeckte.